Polizei setzt Naziaufmarsch brutal durch

via #noTddZ Südwest

Nur etwa 300 Nazis folgten am 3. Juni 2017 dem Aufruf der „TddZ“-Kampagne und marschierten, geschützt von 4000 Polizisten, durch Karlsruhe-Durlach. Mehrere tausend Menschen beteiligten sich hingegen an der großen Bündniskundgebung, den verschiedenen Mahnwachen und unzähligen Spontandemonstrationen rund um die Route. Eine reale Einschränkung des Aufmarschs gelang letztlich nicht, durch die massiven Polizeiübergriffe wurden mindestens 80 Personen verletzt.

 

Wagenburg in Durlach

 

Was sich im Vorfeld bereits angedeutet hatte, setzte die Karlsruher Polizeiführung am Tag des Aufmarschs in die Realität um. Mehrere tausend Polizisten sicherten mit Gittern, Pferden, Hunden, Wasserwerfern und Räumpanzern die Route der Faschisten im Durlacher Norden. Die wenigen direkten Zugänge zur Naziroute waren bereits in den Morgenstunden weiträumig mit Hamburger Gittern und Wagenketten abgesperrt.

 

Dynamische Gegenproteste

 

Während sich die Nazis in der polizeilichen Wagenburg verschanzten versuchten mehrere hundert Menschen immer wieder zur Route vorzustoßen. Schwerpunkt der Aktivitäten waren das Wohngebiet nördlich der Naziroute und die Region unterhalb des Durlacher Turmbergs. Bereits am Vormittag besetzten hier AntifaschistInnen unterschiedliche Mahnwachen umso eine direkte Anreise der Faschisten außerhalb des hermetisch abgeriegelten Bahnhofs von vorne herein zu unterbinden. Etliche Nazis, die ihr Glück dennoch auf diesem Weg versuchten, bekamen den handfesten antifaschistischen  Widerstand zu spüren und erreichten ihren Aufmarsch nicht.

Mit dem Start der Nazidemo verschärften sich auch die gezielten Angriffe von USK und BFE auf die Gegenproteste im Norden und Osten der Route. Trotz der massiven Überlegenheit gelang es der Polizei nicht die Proteste zu zerschlagen, immer wieder gab es kollektive und entschiedene Gegenwehr gegen die Greiftrupps in grün und blau. Auch der Versuch durch gezielte Angriffe die Proteste noch weiter von der Aufmarschroute zu verdrängen war nicht durchweg von Erfolg gekrönt. So kam es gerade am Fuße des Turmbergs zu Aktionen mit brennenden Mülltonnen und Pyrotechnik in unmittelbarer Nähe der Route.  An einer lautstarken und kämpferischen Abschlussdemonstration beteiligten sich knapp 1000 Menschen.

Einen positiven Akzent setzten zudem die Durlacherinnen und Durlacher. Viele unterstützen die Gegenproteste bei sommerlichen Temperaturen mit Wasser. Andere beschallten die Zwischenkundgebung der Nazis derart laut, dass diese ihre eigenen Redner nicht verstehen konnten.

 

Kurzfazit
 
Mit nur etwa 300 Teilnehmern war der Aufmarsch der Faschisten weit weniger gut besucht wie im Vorfeld zu erwarten gewesen wäre. Die geringe Teilnehmerzahl ist neben anderem sicherlich auch die großen und spektrenübergreifenden Gegenkampagnen zurückzuführen. Das Verbot fast aller Redner und der dilettantische Umgang der Clique um Worch zeichneten zudem ein eher desolates Bild der Partei „Die Rechte“.

Dennoch sind die Nazis heute durch Durchlach marschiert. Festzuhalten bleibt, dass es immer schwieriger wird die faschistischen Aufmärsche im Südwesten real einzuschränken oder zu verhindern. Dennoch sind die unzähligen Polizisten mit schwerem Gerät und Getier ein Ergebnis des antifaschistischen Widerstands in den vergangenen Jahren. Fakt ist:

Naziaufmärschemüssen in Baden-Württemberg, trotz militärischer Überlegenheit, brutal durchtgeprügelt werden!

Bericht der Beobachternews

PM der Demosanis

Aufruf: Kein „Tag der deutschen Zukunft“ in Karlsruhe am 3. Juni

via Antifaschistische Aktion (Aufbau) Stuttgart
Am 3. Juni 2017 wollen Nazis aus ganz Deutschland und darüber hinaus versuchen, sich in Karlsruhe zu versammeln. Anlass soll der mittlerweile neunte sogenannte „Tag der deutschen Zukunft“ („TddZ“) sein, den die Nazis von der faschistischen Partei „Die Rechte“ dieses Jahr nach Karlsruhe bringen wollen.

„TddZ“ – hausieren mit völkischer Ideologie

Gegründet von der „Initiative gegen Überfremdung“ fand der „Tag der deutschen Zukunft“ seit 2009 in verschiedenen Städten statt und hat sich als eines der wichtigsten Events für deutsche Faschisten etabliert. Mit um die 1000 Teilnehmenden hat der „TddZ“ dabei beim letzten Aufmarsch in Dortmund noch einmal deutlich an Größe und damit auch an Bedeutung zugelegt. Inhaltlich ist die Veranstaltung nicht nur von einem überdeutlich zur Schau gestellten Nationalismus und Faschismus sowie eine Propagierung der Blut-und-Boden-Ideologie geprägt, auch ein positiver Bezug zum historischen deutschen Faschismus wird immer wieder sichtbar.

Qualitativ unterscheiden sich der Faschismus und auch faschistische Organisationen stark von neueren Akteuren der Rechten wie der „AfD“ oder „Pegida“. So widerlich und gefährlich diese auch sind, so sehr es Verzahnungen dieser mit der klar faschistischen Rechten gibt, so stellt sich der Faschismus dennoch als eine Ideologie und Bewegung dar, die geschürte Ressentiments konsequent zu Ende denkt und deren gewaltsame Umsetzung vertritt. Dabei bedeutet Faschismus nicht nur extremer völkischer Nationalismus, sondern in der Zielvorstellung der Faschisten vor allem Terror und Tod für seine Gegner und ausgeschlossene Menschengruppen. Dazu zählen alle, die nicht in ihr Weltbild passen, weil sie eine andere Hautfarbe, Nationalität, Religion oder sexuelle Orientierung haben, ebenso FeministInnen, Menschen mit Behinderungen und Linke, gehören zum Feindbild der Neonazis. Dabei ist die derzeitige faschistische Rechte noch weit von diesem Ziel entfernt. Ihr Rassismus zielt auch heute auf eine Spaltung der Gesellschaft ab und ist anschlussfähig an andere neuere rechte Gruppen, die dasselbe Ziel verfolgen aber keine konkrete faschistische Diktatur anstreben.

Bei Großereignissen wie dem geplanten „TddZ“ in Karlsruhe sind die Nazis zwar zum größtem Teil aus dem gesamten Bundesgebiet herbeigekarrt, dennoch dient die Verlagerung dieses Großevents nach Süddeutschland letztlich dazu, die Aktionsfähigkeit hier vor Ort zu demonstrieren, die faschistische Szene für die Teilnehmenden erlebbar zu machen und lokal zu stärken.

Karlsruhe als Aufmarschort der extremen Rechten

Seit mehreren Jahrzehnten fand in Karlsruhe durch gemeinsamen Gegenprotest bis auf eine Ausnahme kein Aufmarsch von Nazis statt, wenn gleich es immer mal wieder Versuche gab, zeigte sich der Erfolg immer im gemeinsamen solidarischen Protest. Zuletzt konnte am 25. Mai 2013 ein bundesweiter Naziaufmarsch durch Protest und antifaschistische Massenblockaden verhindert werden. Damals blieb den Nazis nach einem kurzen Stelldichein und Gerangel mit der Polizei auf dem Karlsruher Bahnhofsvorplatz nichts anderes übrig, als wieder in den Zug zu steigen und unverrichteter Dinge abzureisen. Zuvor hatte die rechte Szene einen wichtigen Veranstaltungsort im nahe gelegenen Rheinmünster-Söllingen verloren und ein Nazizentrum in Durlach konnte durch antifaschistische Intervention verhindert werden.

Mit dem Aufkommen der „Pegida“-Bewegung hat sich diese Situation dann drastisch geändert. Im Februar 2015 fand unter dem Label „Kargida“ der erste rechte Aufmarsch seit langer Zeit in Karlsruhe statt. Doch dabei sollte es nicht bleiben. In den Jahren 2015 und 2016 marschierten im Schnitt alle zwei Wochen „Wutbürger“ und Nazis durch die Karlsruher Innenstadt. Kommunale Politik und Behörden verharmlosen die Nazis als besorgte BürgerInnen obwohl von Beginn an bekannte und organisierte Gruppen von Nazis das Bild bestimmten. Darüber hinaus arbeiteten die Repressionsorgane von Polizei bis Justiz Hand in Hand zusammen, um den antifaschistischen Protest zu kriminalisieren und einzuschüchtern.

Kapitalistische Krisenzeit – Chance und Gefahr

In Zeiten kapitalistischer Krisen, setzen die Rechten verstärkt auf eine Spaltung entlang ethnischer Merkmale und völkischer Zugehörigkeit. Dabei nutzen und befeuern sie Ängste und Verunsicherung der Menschen in dem sie ein schuldfähiges Fremdes konstruieren. Das Ergebnis dieser Strategie ist, dass diejenigen, die am stärksten von der zugespitzten sozialen Konkurrenz betroffen sind, gegeneinander ausgespielt werden. Nicht nur an den Rändern Europas sondern auch hierzulande verschärfen sich die Lebensbedingungen. Die Kluft zwischen arm und reich nimmt zu. Wir wissen, dass wir dem zunehmenden Rechtsruck auf Dauer nur begegnen können, wenn auch die gesellschaftlichen Ursachen von sozialer Spaltung, Verelendung, Verunsicherung und Angst entschieden bekämpft werden. Dies kann nur durch die Überwindung des Kapitalismus mit seiner Grundlage des Privateigentums von Produktionsmitteln funktionieren. Dennoch wird das kapitalistische Wirtschaftssystem, mit seinem Selbstzweck des rastlosen Strebens nach Profit, von der Mehrheit der Bevölkerung als alternativlos angesehen. Sollte sich aber an diesem Zustand jedoch etwas ändern und die Bourgeoisie dermaßen in Erklärungsnot kommen, dass sie ihren eigenen Status gefährdet sieht, wird sie sich auf die Suche nach neuen Bündnispartnern machen. Dabei ist sie in der Auswahl nicht auf demokratische Parteien und den Parlamentarismus beschränkt. Eine ausreichend starke faschistische Bewegung, die bereit ist (oder dies zumindest vorgibt) die Interessen der besitzenden Klasse durchzusetzen stellt dabei stets eine Option dar.

Der rechte Rand

Reaktionäre Think-Tanks und Netzwerke, die sonst schon immer im Hintergrund ihre Hetze und faschistoide Ideologien sponnen, sehen jetzt ihre historische Chance gekommen. Offen agieren sie im vorpolitischen Raum und erreichen nicht mehr nur die rechten Hardliner, sondern stellen parlamentarische Machtverhältnisse her. Vom jüngsten gesellschaftlichen Rechtsruck profitiert zurzeit die „AfD“ am meisten. So gelang es ihr in den letzten Jahren sich als rechtspopulistische Partei und partieller Vertreterin der Neuen Rechten zu etablieren und mit zweistelligen Wahlergebnissen in eine Vielzahl von Landtagen einzuziehen. Sie verschieben den Diskurs nachhaltig nach rechts, um sich irgendwann in Regierungen wiederzufinden. Es ist unsere Aufgabe klar und deutlich zu zeigen, dass rassistische Parolen niemals akzeptiert werden, dass wir ihnen konsequent begegnen, egal in welchem Gewand sie daher kommen.

Was jedoch nicht passieren darf, ist faschistische Akteure, denen zurzeit weniger öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird, außen vor zu lassen. Denn auch am rechten Rand hat sich in den letzten Jahren einiges getan. Nachdem das Bundesverfassungsgericht der NPD eine „gefährliche Harmlosigkeit“ unterstellte, und deren weitere strategische Ausrichtung noch nicht absehbar ist, machen sich bereits weitere Akteure wie „Die Rechte“ und „Der III. Weg“ auf, sich zu formieren und die Landkarte unter sich aufzuteilen.

Der „TddZ“ als Teil des Rechtsrucks

Der Widerstand und Protest gegen die menschenverachtende Propaganda der rechten Populisten und Faschisten geht uns alle an. Wenn RassistInnen und FaschistInnen marschieren können, schaffen sie mit jedem Aufmarsch weiter Stimmung für rechte Gewalt, Ausgrenzung und Unterdrückung. Schaffen wir Bündnisse gegen Rechts, die den Menschenfeinden ganz konkreten Widerstand entgegensetzen. Mischen wir uns ein, stellen wir uns den Rechten überall entgegen wo wir es können. Gehen wir ihre Veranstaltungsräume an, thematisieren wir Verquickungen mit der faschistischen Bewegung, verhindern wir ihre öffentlichen Auftritte! Deshalb gilt es den völkisch-nationalistischen Aufmarsch in Karlsruhe mit direkten Aktionen und Blockaden zu stoppen. Unsere Waffe ist die Solidarität, unsere Stärke liegt in breiten antifaschistischen Bündnissen genauso wie die Kombination vielfältiger Widerstandsformen. Aus diesem Grund rufen wir alle AntifaschistInnen auf, gegen den faschistischen Aufmarsch in Karlsruhe auf die Straße zu gehen.

Es darf keine Zukunft für Nazis geben – Verhindern wir den „TddZ“ am 3. Juni 2017!